Brüssel – das hässliche Entlein Europas?

Brüssel – das hässliche Entlein Europas?

In meinem Umfeld behaupten viele, dass es kaum eine weniger attraktive Stadt in Europa gibt als Brüssel. Weil ich für Underdogs ein Herz habe, mache ich mich aber trotzdem auf den Weg dort hin.

Der Flughafen ist schon einmal recht stylish, wenn er auch recht lange braucht um einen wieder auszuspucken. Ich werde noch fürsorglich gewarnt, dass die Autofahrer hier recht hinterhältig sind und Fußgänger bestenfalls als Ärgernis sehen, dann mache ich mich auf eigene Faust auf den Weg.

Ziemlich imposant sind die ganzen EU-Gebäude. Wie übergroße Bienenstöcke spucken sie permanent Unmengen von Menschen aus und schlucken sie wieder. Hinsichtlich des Denkmalschutzes scheint man eher eine lässige Einstellung zu haben, was zusammen mit den Regierungsbauten dazu führt, dass es wirklich unschöne Ecken gibt.

Für Architekturfans: Museum Horta in Brüsel

Unterteilt ist die Stadt in Unter- und Oberstadt, wobei bis heute oben für die bessere Gesellschaft reserviert ist. Nicht so bekannt ist vermutlich das Museum Horta, für Architekturfans ist ein Besuch allerdings unumgänglich. Besichtigt wird sein Privathaus, welches ganz im Stile des Art-Nouveau gehalten ist.

Horta MusumMuseum Horta

Ein Muss ist auch die Kathedrale Saints-Michel-et-Gudule – die Nationalkirche Belgiens und ganz in Brabanter Gotik gebaut. Nett ist das Comicmuseum mit Tim & Struppi (Link setzen!) oder den Schlümpfen. Unumgänglich im wahrsten Sinne ist der Grote Markt mit dem völlig überschätzten Manneken Pis.

Kathedrale BrüsselKathedrale Saints-Michel-et-Gudule

Das Ausgehen finde ich hier sehr spannend. Nirgendwo ist die Gesellschaft so gemischt. In Clubs und Bars treffen ganz selbstverständlich EU-Beamte auf Studenten oder Punks aufeinander, es scheint keine Berührungsängste zwischen den verschiedenen Teilen der Gesellschaft zu geben.

Shopping in Brüssel

Attraktiv zum Shoppen ist die Gegend um die Börse. Hier gibt es unzählige kleine Boutiquen mit auch sehr spannenden “Kleidungsvorschlägen“. In vielen Läden muss man extra anklingeln.

Am Grand Sablon sehe ich meinen ersten und hoffentlich letzten echten Schrumpfkopf in einer Auslage. Hier fällt mir auf wieviel es ausmacht, dass Heizschwammerl erlaubt sind, denn selbst in den kalten Jahreszeiten findet ein großer Teil des Lebens draußen statt.

Hier befindet mich mein persönliches Mekka: Flamant. Wiener Interieur ist dagegen in der Steinzeit stehen geblieben. Für die Süßen gibt es natürlich an allen Ecken und Enden Schokolade und das Bierangebot ist wirklich großartig bis abartig.

Der bekannteste Gourmet-Journalist Österreichs hat einmal gemeint, dass man nirgends besser isst, als in Belgien. Er hat ja sowas von Recht. Das erste Abendessen sind Austern. Riesig große, saftige, herrliche und vor allem ganz frische Austern.

Die nächste Mahlzeit ist Barrakuda-Filet, bei so hinterhältigen Tieren hat man wenigstens kein schlechtes Gewissen. Einfach göttlich. Glücklich mache ich mich über Kroketten gefüllt mit Krebsfleisch her. Der Wein ist überall ausgezeichnet und natürlich kann ich nicht wiederstehen und möchte möglichst viele Delikatessen mitnehmen. Und ich staune einfach nur: In einem normalen Supermarkt macht alleine das Rosé-Angebot einen Gang aus.

Ausflug nach Gent

Gent ist einen Katzensprung von Brüssel entfernt und einfach nur bezaubernd. Beim ehemaligen mittelalterlichen Hafen auf der Graslei, sitzt man umringt von Gildehäusern aus dem 12. Jahrhundert und schaut auf die Leie.

GentGent

Die Stadt hat das Flair längst vergangener Tage, gleichzeitig ist sie abseits des Sommertourismus beschaulich und authentisch. Imposant ist das ehemalige Herzogsschloss Het Gravensteen, wie üblich natürlich die Kirchen und die Fleischhalle in der Ganda-Schinken zum Trocknen von der Decke hängt.

Wirklich bezaubernd ist das Leinengeschäft „Home Linen Kloskanthuis“. Beim Anblick des Angebots glaubt man sich in Zeiten der Aussteuer zurückversetzt. Ja, wenn ich keine Katzen hätte…
Das nächste Ausflugsziel ist Zeeland – der Namensgeber für Neuseeland – und ja, es liegt natürlich nicht in Belgien. Aber ist einfach so nah und unbeschreiblich malerisch. So, dass es mich nicht wundern würde, wenn in einer Provinz in China ein Nachbau davon stehen würde.

ZeelandZeeland

Jedenfalls wurden schon die Römer und Kelten von diesem Ort mit Inseln und Halbinseln, Stränden und Dünen angezogen. Der Genuss der Miesmuscheln hier verdirbt mich für alle Zeiten. Ich fürchte niemals wieder kann ich wo anders welche essen ohne enttäuscht zu werden. Ich sitze am Jachthafen und schaufle die Köstlichkeiten geradezu in mich hinein. Wer braucht Fritten (noch dazu mit Mayonnaise), wenn man sich damit nur Platz im Magen wegnimmt?

Der letzte Ort meiner Reise ist Löwen und wieder werde ich überrascht. Auf den ersten Blick ist es nur eine kleine Studentenstadt mit unglaublich vielen Radfahren und wirklich prachtvollen Gebäuden, aber dann lande ich in einer wunderschönen schlichten Kirche namens Sint Jan de Doper (Johannes der Täufer) mitten in einem Beginenkloster, das heute vielfach von Universitätsangestellten bewohnt wird.

BeginenhofBeginenhof

Kirche BeginenKirche Beginen

Der Hof bildet eine Stadt in der Stadt und ist UNESCO Weltkulturerbe. Früher waren hier religiöse, unverheiratete Frauen ansässig, die in der sicheren Umgebung alleine leben und einer Erwerbsarbeit nachgehen konnten.

Ich weiß nicht, ob es einfach eine Überdosis Eiweiß ist, aber ich bin wie berauscht von dieser Reise und kann nur jedem Kritiker lauthals widersprechen. Mein Fazit: Brüssel ist ein Schwan, vielleicht nicht der schönste, aber mit Sicherheit der am besten schmeckende.

Weitere Informationen über Brüssel sind hier zu finden.

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