Eine Winterwoche in Nordisland: Entdecke die geologische und kulinarische Vielfalt
Nordisland im Winter ist voller Kontraste – von brodelnden Quellen und Vulkankegeln zu endlosen Schneewüsten, von tosenden Wasserfällen und zerklüfteten Fjorden zum weiten Ozean, von jahrhundertealten Torfhäusern zu moderner nordischer Architektur. Auch kulinarisch hat uns Island begeistert: Kälte macht hungrig und so haben wir ganz nebenbei auch die besten Restaurants und Cafés ausgekundschaftet, die ihr auf keinen Fall verpassen solltet!


Der Winter in Island bietet beeindruckende Landschaften und ist auch perfekt um die tanzenden Nordlichter zu bewundern.
Vibrierendes Akureyri – Studierendenstadt mit vielfältiger Gastroszene
Gísli Rúnar Vídisson sagt Sätze wie: «Ich hatte noch nie ein U-Boot in meinem Fjord gesehen.» Kann er auch sagen, schliesslich gehört ihm ein Teil des Eyjafjords. Und der Berg und die Flüsse der Gegend. Gísli, besser bekannt als «Number One», ist Abkömmling der ersten Einwandernden auf Island, und zwar in der 30. Generation. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Tourguide in und um Akureyri, der grössten Stadt im Norden der Insel. Und als Operntenor. Und so sieht No 1 auch aus – der Pavarotti Nordislands.

Bereits am ersten Tag hatte Gísli uns eine Stadttour durch Akureyri gegeben. Nach Reykjavik ist Akureyri die zweitgrösste Stadt des Landes und Zentrum Nordislands. Los ging’s im Kultur- und Konferenzzentrum Hof, wo er als Tenor auftritt, vorbei am alten Taxistand, für dessen Verbleib die Einwohnenden Akureyris kämpfen, und an den Bars und Clubs wie dem Græni Hatturinn, in denen er als Jugendlicher unterwegs war und wo heute noch angesagte Live-Konzerte stattfinden.

Gísli isst für sein Leben gern und gut, zum Beispiel im Rub 23 bei seinem guten Freund oder im traditionellen Café Blaa Kanne, wo er heute noch die Geburtstage seiner drei Kinder, also der 31. Generation, feiert. Ebenso zeigte er uns die markante Kirche auf dem Hügel und das Kunstmuseum mit der kleinen, aber feinen Auswahl spannender Ausstellungen. Das war’s dann auch schon, Akureyri ist klein und sehr überschaubar, dennoch – vor allem samstags, wenn die Studierenden unterwegs sind – voller Leben.


Die Kirche und das Kunsthaus in Akureyi gehören zu den Wahrzeichen der Stadt.
Die Mývatn-Region – auf den Kontinentalplatten in der Schneewüste
Jetzt, zwei Tage später, treffen wir Gísli wieder, diesmal beim Mittagessen mit isländischen Spezialitäten auf der Vogafjos Farm in der Mývatn-Region. Wir sind individuell mit unserem Auto unterwegs, er begleitet eine Gruppe. Mit seiner Wikinger-Statur und seinem No 1-T-Shirt fällt er sofort auf und macht sich bestens in der archaischen Schneewüste.
Die Region um den Mývatn, dem «Mückensee», liegt mitten auf dem Riftgraben, in der die eurasische und die amerikanische Erdplatten aufeinandertreffen und zahlreiche geothermische Aktivitäten verursachen. Auf unserer Fahrt um die Südseite des Sees konnten wir uns nicht sattsehen an der krassen Landschaft. Die endlose Weite, der unendliche Himmel mit den bizarren Wolkenformationen darüber, alles in «fifty shades of white and blue» gehüllt. Ganz in der Nähe der Tuffkegel des riesigen Hverfjall-Vulkankraters mit einem Kilometer Durchmesser, daneben die bizarren Lavaformationen von Dimmuborgir (den «dunklen Burgen»), in der Ferne ein Berg, der aussieht wie der «Ayers Rock». Eine Traumlandschaft.




Die Landschaft um den Mývatn mit dem Riftgraben, dem „Ayers Rock“ Islands, der Höhle Grjótagjá und dem Hverfjall-Vulkankrater.
Dick eingepackt in Thermounterwäsche, Daunenjacke, Mütze, Handschuhe und Sonnenbrille spazieren wir bei Skútustaðir über zahlreiche Vulkankrater, stoppen immer wieder, um zu fotografieren und zu staunen. Die Sonne scheint, aber es bläst ein eisiger Wind, der die gefühlte Temperatur gerade nochmals um zehn Grad fallen lässt.
Besonders deutlich wird die brisante Lage auf dem geologischen Pulverfass auf dem geothermischen Feld direkt neben der Strasse: Überall brodelt und blubbert und zischt es in den heissen Quellen bei Hverir, die rotbraunen Farbtöne der Erde kontrastieren super mit dem weissen Schnee und dem stahlblauen Himmel. Eingehüllt in dicken Schwefelrauch streifen wir über die ausgesteckten Pfade.





Die brodelnden heissen Quellen bei Hverir sind ein beeindruckender und scheinbar unwirklicher Ort.
Im Sommer ist die Region ein Vogelparadies. Jetzt im Winter sind die einzigen Tiere, die wir sehen, die bekannten Island-Pferde, die Wind und Kälte trotzen. Und die Kühe im Stall der Vogafjos Farm, in den man von der Gaststube schauen kann. Wir Schweizer Gäste schauen lieber raus auf den See und lauschen den Geschichten von Gísli.

Auf Wal- und U-Boot-Beobachtungsjagd im isländischen Fjord
Gísli erzählt uns von der Walbeobachtungstour, die er am Tag vorher begleitet hat: Drei Buckelwale seien ganz nah zum Boot gekommen. Und eben: Sein Freund, ein Berufstaucher, hatte ihm erzählt, dass die Amerikaner die Crew auf einem Nuklear-U-Boot austauschen würden. So hatte er mit seiner Gruppe zum ersten Mal im Leben ein U-Boot in «seinem» Fjord gesehen. Eindrücklich sei es gewesen, ein Riesenungetüm, das da aus dem Wasser aufgetaucht sei. Darüber können selbst Isländerinnen und Isländer staunen, die im Land der Trolle und Elfen doch sicher schon so einiges gesehen haben.

Naturspektakel Wasserfälle: Godafoss und Dettifoss
Wir lassen No 1 mit seiner Gruppe weiterziehen und machen uns wieder auf den Weg, um Wasserfälle zu bestaunen. Schon am Morgen hatten wir den Godafoss, den «Wasserfall der Götter» mit seiner schönen Hufeisenform und den tosenden Wassermassen direkt an der Strasse zum Mývatn-See bewundert. 1000 n. Chr. hatten die Isländer:innen hier ihre Götterstatuen ins Wasser gestürzt, nachdem sie christianisiert worden waren.

Nun möchten wir versuchen, den Dettifoss mit unserem 4×4 Toyota zu erreichen, den wasserreichsten Wasserfall Europas. Das Wetter ist traumhaft, und so können wir hoffentlich die unbefestigte Strasse dorthin passieren, die oft nur per «Superjeep Touren» befahren werden kann. Wir haben Glück, es hat nicht allzu viel geschneit, die Strasse ist zwar schneebedeckt, aber mit den Spikes an den Reifen kein Problem, und die Sicht ist dank strahlendem Sonnenschein optimal. Noch eine Viertelstunde zu Fuss, dann sehen wir den Wasserfall mitten im Nirgendwo. 44 Meter stürzt der kleine Bruder der Niagarafälle über eine Breite von 100 Metern in die Tiefe.




Schon die Strasse zum Dettifoss ist ein Abenteuer, der Wasserfall ist dann umso beeindruckender.
Paradies für Wassernixen: Die heissen Pools von Island
Das Mývatn-Naturbad lassen wir heute aus, dafür fahren wir weiter nach Húsavík, wo das coolste Thermalbad ever lockt: Im GeoSea chillen wir im heissen Infinitypool mit freier Sicht auf die Skjálfandi Bucht und den Polarkreis im Norden. Beim Eindunkeln fängt der Leuchtturm direkt neben dem Bad auf der Klippe an zu leuchten – es ist einfach ein Traum.


Im heissen Infinitypool im Geosea Thermalbad kann man entspannen und den Ausblick geniessen.
Für mich toppt die Aussicht im GeoSea Húsavík alles, toll ist aber auch die Forest Lagoon direkt bei Akureyri, nicht weit vom Flughafen. Das luxuriöse Spa mitten im Wald wurde erst 2022 gebaut und wird gerade mit weiteren Becken und einem Hotel erweitert.

Isländerinnen und Isländer lieben ihre Pools – nicht nur die fancy Versionen. Samstag gehen wir ins Stadt-Schwimmbad von Akureyri und trauen unseren Augen nicht: Es ist 4°C draussen, mit Chillfaktor gefühlte -6°C, heisst es im Radio. Dennoch geht es hier zu wie im Freibad: In zwei warmen 25m-Becken ziehen die Sportlichen ihre Bahnen, während die gesamte Studierenden- und sonstige Stadtjugend sowie auch ältere Akureyrianer:innen in den drei verschiedenen heissen Becken sitzen. In den knappsten Bikinis wechseln sie ab und zu seelenruhig von einem Becken ins andere. Die Kleineren tummeln sich derweil auf den beiden schnellen Rutschbahnen. Ein Bild wie in einer Schweizer Badi im Sommer. Crazy. Auch Gísli sitzt hier jeden Morgen mindestens 40 Minuten im heissen Wasser und informiert sich über den neusten Klatsch und Tratsch. Kein Wunder, dass er weiss, wann wo welche U-Boot-Crews ausgetauscht werden und was in «seinem» Fjord vor sich geht.

Informationen:
Die besten Kulinariktipps für Nordisland
Seit der Wirtschaftskrise 2008 hat sich die Küche Islands stark gewandelt. Es gab eine Rückbesinnung auf die lokale Küche, der Gemüseanbau in Gewächshäusern wurde stark vorangetrieben. Sowohl bei Fisch als auch beim Fleisch wird sehr auf Qualität geachtet, und das schmeckt man. Isländer:innen essen gern – Feinschmecker:innen sind hier definitiv gut aufgehoben! Wir haben Cafés und Restaurants für euch getestet, hier sind unsere Favoriten:
Akureyri
Das schönste Haus auf der Hauptstrasse, auf unzähligen Fotos vor dem roten Instagram-Herz verewigt, bietet das traditionelle Café Blaa Kannan eine tolle Kuchen- und Quiche-Auswahl. Super: Der Blaubeer-Cheesecake mit Gingerbreadboden.


Das Café Blaa Kannan ist auch von aussen schön und drinnen gibt es dann eine tolle Auswahl.
Gíslis Empfehlung – isländisch-asiatische Fusionküche mit frischen isländischen Zutaten. Gíslis Leibspeisen: Sushi Pizza (!) und Surf & Turf – probiert es aus!


Surf & Turf ist Gíslis Empehlung im kreativen Rub 23 in Akureyi.
Traditionelle isländische Küche gibt es auch im Strikid im Rooftop mit Blick auf den Fjord. Hier hatten wir die beste Shrimpssuppe und den feinsten Lachs der Reise!
Mývatn-Region
Das kulinarische Highlight für isländische Spezialitäten direkt vom Bauernhof in der Mývatn-Region. Vom Seesaibling (Arctic Char) über Lamm bis zum Burger ist hier alles frisch, köstlich und traditionell isländisch zubereitet.
Húsavík
Perfekt vor oder nach dem Besuch des GeoSea-Thermalbads oder des Walmuseums in Husavik. Das unscheinbare Café mit angrenzendem Friseursalon hat traumhafte Kuchen und Zimtschnecken und wunderbaren Kaffee.
Ólafsfjörður
Direkt an der Strasse um die Halbinsel gelegen, ist das Kaffee ein Treffpunkt auch für die Arbeiter:innen der Region. Punkt 12 Uhr ist das feine Mittagsbuffet angerichtet, und der Laden brummt. Zum Dessert gibt’s wunderbare hausgemachte Kuchen, der Apfelkuchen wie auch der Schokoladenkuchen mit salzigem Karamell sind ein Gedicht!
Weitere nützliche Informationen:
Anreise
Im Winter fliegt Edelweiss direkt von Zürich nach Akureyri. Ansonsten geht die Anreise via Reykjavik.
Unterkunft:
Wir hatten ein tolles Cottage oberhalb von Akureyri, unterhalb des Skigebiets Hlíðarfjall. Total grosszügig und modern, mit eigenem Hotpot und phänomenaler Aussicht. In Akureyri und Umgebung gibt es Hotels in verschiedenen Preisklassen, früh buchen lohnt sich, besonders in der Hauptreisezeit im Sommer.

Veranstalter:
Wir waren mit Kontiki unterwegs und total begeistert. Direkt nach Ankunft gab es eine Einführungsveranstaltung im Kunst- und Kulturzentrum Hof, bei der die wichtigsten Infos gegeben und Ausflugsmöglichkeiten vorgestellt wurden. Von den relevanten Websites zum Checken der Strassenverhältnisse über Rabattcodes im GeoSea bis zum Nordlichtalarm, den wir jeden Abend direkt aufs Handy bekamen, wussten wir hinterher über alles Bescheid. Und waren bestens ausgerüstet: Jeder und jede Anwesende durfte sich ein Set Spikes für die Schuhe mitnehmen – ihr könnt euch nicht vorstellen, wie nützlich die waren. Zum Teil waren Strassen und Wege wirklich spiegelglatt – Winter in Nordisland halt!
