Auszeit von Berlin in der Buckschen Schweiz

Auszeit von Berlin in der Buckschen Schweiz

Wer von Berlin eine kurze Verschnaufpause braucht und nicht zu weit fahren möchte, kann sich ins Umland aufmachen. Genauer gesagt zum Schloss Hohenbocka in die Bucksche Schweiz.

Kürzlich war ich auf der Suche nach einem kleinen Hideaway, nicht weit von Berlin entfernt, und da ich ja eine Vorliebe für alte Gemäuer mit Geschichte habe, stieß ich auf das Schloss Hohenbocka.

Hohenbocka? Noch nie gehört. Niemandsland, dachte ich und hatte Recht. Allerdings im positivem Sinne. Rund 156 Kilometer von der Hauptstadt entfernt kann man guten Gewissens alle Fünfe gerade sein lassen.

HaupteingangHaupteingang zum Schloss Hohenbocka

Immer weiter entfernt man sich von Berlin, das Umland zieht an einem vorbei, man gelangt in ländlichere Gefilde von Brandenburg, schließlich befindet man sich im Landkreis Oberspreewald-Lausitz – und dann, wenn man schon fast denkt, man hätte das Niemandsland erreicht, tut sich eine Allee auf, an deren Ende das Schloss Hohenbocka auf einen wartet. Der Name bedeutet übrigens Buchenort, wie uns erklärt wurde, und leitet sich aus dem obersorbischen Wort für Rotbuche ab.

Impression

Ein Hotel wie aus dem Märchenbuch, aber nicht im Dornröschenschlaf
Hier ticken die Uhren etwas langsamer und bestimmt bewusster. Das wird schon klar, als wir an der Rezeption ankommen. Ein junger freundlicher Mann weist uns ein – noch mit Karteikarten und ohne Computer (irgendwie ganz putzig) und lässt dabei keine große Hektik aufkommen.

Wir haben im kleinen Schloss ein Zimmer gebucht, zu dem er uns geleitet. Zur Auswahl stehen auch noch das Hauptschloss und der ehemalige Pferdestall. Das Zimmer, das sich im ehemaligen Wohnzimmer des alten Herrenhauses befindet, ist sehr ansprechend, großzügig und klassisch-modern eingerichtet – alles top saniert. Die vielen Fenster gewähren freien Blick auf den umliegenden Schlosspark. Erstes Fazit: Wir fühlen uns wohl.

Unser Zimmer im kleinen Schloss

Russisches Dampfbad, Jacuzzi oder Reiki?
Das Haus hat sich Gesundheit und Naturheilkunde auf die Fahnen geschrieben. Wir unternehmen erst einmal einen kleinen Spaziergang durch den hauseigenen Park und erkunden dabei die Banja, die sich auf dem Gelände befindet – ein traditionelles russisches Badehaus, das mit einem Holzofen beheizt wird.

Haus mit BanjaBanja, ein traditionelles russisches Badehaus

Die russische Banja ist im Vergleich zur finnischen Sauna wesentlich heißer. Die Temperaturen können deutlich über 100° C betragen. Kein Problem, draußen ist es kalt, wir wagen es. In der Banja ist Quästen üblich, also sich selbst oder gegenseitig mit Bündeln eingeweichter Birkenzweigen – auf Russisch Wenik –, den Körper abzuschlagen, was erfrischt und die Blutzirkulation anregt.

Beim Quästen entsteht außerdem ein angenehmer Geruch nach Birke. Für alle, die noch nicht in Russland waren und es dort probiert haben, ein interessantes Erlebnis.

Das Hotel hat sich zudem auf Wellness spezialisiert. Es gibt einen Fitnessraum im ehemaligen Pferdestall und unzählige Anwendungen, die man zusätzlich buchen kann. Von Fußreflexzonenmassage über Akupunktur bis hin zur Reiki-Massage oder kosmetischen Behandlungen wie Meso oder Sauerstoff-Sprüh-Kosmetik, gibt es für jedes Bedürfnis das passende Angebot.

Gebäude mit FitnessraumDer ehemalige Pferdestall wurde zum Fitnessbereich umfunktioniert

Im Keller des Schlosses befindet sich auch noch ein großer Jacuzzi-Raum, den man im Komplett-Paket mit einer Flasche Sekt buchen kann – schön für Zeit zu zweit.

Der Jacuzzi-RaumHier lässt sich’s entspannen…

Unabhängig von der Jahreszeit, kann man hier alle Fünfe gerade sein lassen und sich ein wenig zurückziehen – denn viel gibt es hier nicht. Da muss man ehrlich sein.

Moderne Küche in historischem Gemäuer
Nach dem ganzen Nichtstun haben wir Hunger und für abends einen Tisch im großen Schloss reserviert. Hier kann man stilecht im historischen Festsaal speisen. Wir sind positiv überrascht – für die Abgeschiedenheit ist die Küche, die auf regionale Produkte setzt, auf einem recht hohen Niveau.

Der Festsaal

Auch das Frühstück am nächsten Morgen ist gut. Am Service müssen sie allerdings noch ein wenig arbeiten. Die Dame, die dort scheinbar alleine für die Schicht eingeteilt war, war sehr freundlich, aber leicht überfordert.

Im Sommer muss die Dachterrasse hoch über den üppigen Baumkronen der alten Parkbäume toll sein. Dort hat man dann eine schöne Sicht auf die Naturräume des Schlossparks, die man bei einem Drink genießen kann. Allerdings muss man individuell für die Öffnung bzw. Nutzung anfragen.

Aussicht von der Dachterrasse mit Übergang zum TürmchenAussicht von der Dachterrasse

Im Sommer ist auch das eigene Café in der alten Remise am kleinen Schloss geöffnet, das leider geschlossen war, als wir vor Ort waren. Es sah aber sehr gemütlich und einladend aus. Dort gibt es dann hausgebackenen Kuchen und kleinere herzhafte Speisen, bei deren Zubereitung man den Köchen beim Schaukochen zuschauen kann.

Das Cafe in der RemiseDas Cafe in der Remise

Die Gartenterrasse und der üppige Kräutergarten „en minature“ laden zum Verweilen im Freien ein. Und vor dem Kamin, direkt unter dem Dach, kann man dann bei einem guten Gläschen Wein den Tag ausklingen lassen.

Hotel mit Geschichte: Rittergut, Residenz von brandenburgischem Uradel und Kreiskrankenhaus
Da mich die Geschichte von Gemäuern stets interessiert, mache ich mich vor Ort etwas schlau: Das ehemalige Rittergut Hohenbocka kann auf eine jahrhundertealte Tradition zurückblicken.

Bereits im 15. Jahrhundert lebte hier die Familie von Gersdorf. Zwischen 1627 und 1655 bezog die Familie von Dieskau das Anwesen, bevor es schließlich am 1659 zusammen mit dem Rittergut Peickwitz vom Kurfürsten Johann Georg II von Sachsen der Familie von Götz übereignet wurde.

Die Familie von Götz gehört zum brandenburgischen Uradel und kann auf eine mittlerweile über 730jährige Geschichte zurückblicken. Neben der Tätigkeit der Familienangehörigen im Staatsdienst und beim Militär erwirtschafteten die von Götz ihre Einkünfte neben der Wald-, Land-, Teich- und Viehwirtschaft insbesondere mit den hochwertigen Glassandgruben und ihrem 1878 gegründeten Sägewerk.

Sie errichteten zwischen 1898 und 1912 nach eigenen Entwürfen das Große Schloss und seine vier Nebengebäude nach den Illustrationen eines Märchenbuches von Wilhelm Hauff. Anschließend wurde das ursprüngliche Fachwerk-Gutshaus abgerissen. Das Rittergut Hohenbocka mit Peickwitz besaß eine Größe von 1450 Hektar mit ausgedehnten Wald-, Teich-, Feld- und Wiesenflächen.

Großes Schloss und PferdestallSchloss mit Pferdestall

1945 wurde die Familie von Götz, wie so viele zu der Zeit, des Hauses verwiesen und das Gebäudeensemble wurde geplündert. Nach der Enteignung und Bodenreform wurde es in Volks- bzw. Gemeindeeigentum überführt und diente verschiedenen Zwecken. So wurden dort Umsiedler untergebracht, ab 1950 eine TBC-Station eingerichtet und 1965 fungierte das Gelände als Außenstelle des Kreiskrankenhauses und Scharlachstation. Zwischen 1968 und 1992 wurde das Schloss Hohenbocka als Kinderheim für körperlich und geistig behinderte Kinder genutzt.

Wendeltreppe im Großen Schloss

Heute ist es ein persönlich geführtes, individuelles und kleines Hotel mit 21 luxuriösen Zimmern, bei dessen Sanierung auf die Erhaltung der historischen Elemente Rücksicht genommen wurde.

Zimmer mit witzigen Namen
Auch der Schlosspark wurde entsprechend dem historischen Vorbild, das sich 1899 und 1912 an den Pücklerschen Parks von Branitz und Bad Muskau orientierte, neu gestaltet. Hier hat man auch auf die Erinnerungen von Dr. Hans Adolf von Götz, einem der letzten Nachfahren, zurückgegriffen, der seine Heimat 1945 verlassen musste.

Und sonst so?
In der Buckschen Schweiz kann man sehr schön durch die endlos scheinenden Kiefernwälder biken. Fahrräder sind im Schloss für eine Tagesmiete von 38 Euro erhältlich. Am Fuße des Aussichtsturmes der Buckschen Schweiz liegen die sogenannten Felsen aus Glas.

Angrenzender WaldDer nahegelegene Wald eignet sich perfekt für einen Spaziergang

Die erhärteten Glassande bilden als Sandsteinfelsen mit ihren bizarren Strukturen ein sehenswertes Naturschauspiel. In der Umgebung bietet sich zudem Wandern oder Reiten an.

Fußläufig vom Schloss entfernt ist ein Reiterhof. Kremser-und Kutschfahrten in die nähere Umgebung sind bei gutem Wetter auch eine schöne Sache. Auch das Gebiet des Lausitzer Seenlandes ist nicht weit entfernt.

Weit und breit nichts außer PferdeWeit und breit nichts außer Pferde

Das einzige weitere Gebäude, das man als Sehenswürdigkeit im Ort betiteln dürfte, wäre die Dorfkirche Hohenbocka aus dem 14. Jahrhundert mit ihren spätmittelalterliche Fresken. Wenn man kulturell etwas erleben möchte, muss mit dem Auto in die nähere Umgebung fahren, wie z.B. zum Kunstguss Museum Lauchhammer

Oder es einfach so wie wir machen: einmal gar nichts tun und sich verwöhnen lassen, in der hauseigenen Bibliothek schmökern, es sich im Kaminzimmer gemütlich machen oder sich eine Massage gönnen!

Bibliothek zum SchmökernDie hauseigene Bibliothek

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