Detroit – The Motor City
Wann immer ich einem Amerikaner gesagt habe, dass ich nach Detroit reisen werde, wurden die Augen gross und die unweigerliche Frage kam: „Was willst Du in DETROIT?“. Na, anschauen will ich mir die Stadt… Zurück kam jedes Mal ein Kopfschütteln, überhaupt kein Verständnis, dafür jede Menge guter Ratschläge: Man sollte auf keinen Fall Drogen oder Waffen kaufen (Ah geh…), in keine schlimmen Gegenden fahren (…nein?). Am besten im Hotel bleiben. Wenn man das verlassen möchte, dann bitte nur mit dem Auto fortbewegen, keinesfalls zu Fuss. Wenn man tanken muss, dann bitte das Auto nicht nur absperren, sondern auch ständig im Auge behalten. Dann wurde ich mit Statistik versorgt: 580 Mord- und Totschläge pro Jahr auf knapp 700.000 Einwohner. Deutlich mehr als in New York. Alle Vorbehalte in den Wind geschrieben…natürlich hat mich das alles nicht aufgehalten.
Die Bilanz nach einer Woche Detroit: ich lebe! Ich wurde 0 Mal beraubt, 0 Mal angegriffen, angestänkert oder unsittlich berührt. Niemand hat mir Drogen angeboten und ich habe nicht mal eine Schlägerei aus der Ferne gesehen…Dafür habe ich jede Menge fröhliche, kommunikationsfreudige Menschen kennengelernt, die fest daran arbeiten, die bankrotte Stadt wieder auferstehen zu lassen.
In den 30er Jahren der fulminante Aufstieg
Während dem Aufstieg der Automobilindustrie war Detroit eine der beliebtesten Städte der USA. Sie war quasi das Symbol von Innovation und Wohlstand. Hier entstanden die ersten Wolkenkratzer des Landes und grosse Unternehmen wie Ford, General Motors und Chrysler siedelten sich rund um die Stadt an der Grenze zu Kanada an. Noch heute zeugen die riesigen Boulevards und prächtigen Gebäude vom Reichtum der alten Zeit.
Grand Boulevard
In den 50er Jahren ein Hit
Detroit zog neben den innovativen Geschäftsleuten aber auch viele Kreative – besonders aus der Musikszene – an. 1954 wurde das heute weltbekannte Recordlabel MOTOWN gegründet. Berry Gordy Jr. bewies viel Gespür bei der Auswahl der Künstler:Michael Jackson, Stevie Wonder, Marvin Gaye, Diana Ross, Erykah Badu und viele mehr.
Noch heute gibt es einige bekannte Recordlabels in der Stadt – Detroit ist besonders in der elektronischen Musikszene ein Begriff. Aber auch Hip Hop ist sehr präsent. Einer der bekanntesten Detroiter ist Eminem. Sein Aufwachsen in der Stadt, hat er in vielen seiner Songs verarbeitet. Im Musikfilm „Eight Mile“ mit Michelle Pfeiffer spielt er einen jungen Mann, der in armen Verhältnissen in einem Trailerpark aufgewachsen ist, und zum Hip Hop Star aufsteigt. Der zum Teil autobiografische Film handelt vom Leben der Arbeiterklasse in Detroit und erzählt von den Herausforderungen und Schwierigkeiten des Lebens in der Stadt.
Motown MuseumMit der Automobilkrise kam der Abstieg
Als es in den 70er Jahren anfing, in der Automobilindustrie zu kriseln, begann der langsame Abstieg von Detroit. Chrysler geht bankrott, Ford und GM kommen in grobe finanzielle Schwierigkeiten. Auf einen Schlag stehen Tausende Menschen auf der Strasse. Ratlosigkeit, „alternative Geschäfte“ und Lethargie waren die Folge. Viele Menschen kehrten der einst so beliebten Stadt den Rücken zu. Familien vernagelten ihre Häuser und ganze Strassenzüge waren plötzlich leer.
Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven führten natürlich zu mehr und mehr Kriminalität. Dazu kommt, dass die Stadt pleite ist und auch die Staatsangestellten auf Kurzarbeit sind. Man sieht auch auf der Strasse kaum Polizisten.
Rising Detroit
Und heute…? Es stehen immer noch sehr viele Ruinen in und um die Stadt herum. Besonders die Innenstadt ist ziemlich leergefegt. Die Boulevards scheinen heute viel zu gross für so wenige Menschen. Grosse internationale Ketten wie Mac Donald’s, Starbucks oder H&M sucht man in Detroit vergeblich. Dafür entstehen immer mehr kleine, feine Cafes, Pop-up Stores und Kleiderlabels. Eine angenehme Abwechslung in den sonst so konsumgesteuerten USA. Es bildet sich auch eine immer grösser werdende Künstler-Community. Denn Platz gibt es viel, und er ist günstig zu haben. Es stehen unheimlich viele Immobilien zum Verkauf – vom klassischen viktorianischen Haus über Lofts bis hin zu Industriehallen. Viele Häuser wurden zweckentfremdet, wie z.B. Die ehemalige Oper im Michigan Building, die jetzt als Garage dient. Mit dem Auto parkt man unter den schönen Fresken – unvorstellbar bei uns.
Die jungen Menschen in Detroit lassen sich nicht beirren und nehmen ihre Zukunft selbst in die Hand. Sie glauben an ihre Stadt und das zahlt sich aus. Die Aufbruchstimmung und das neue Selbstbewusstsein sind stark zu spüren. Mich hat die Atmosphäre stark beeindruckt. Detroit – ich komme bestimmt bald wieder.
Wohnen
Stilvoll im The Westin Cadillac, das schon öfter als Kulisse für mehrere Filme gedient hat.
https://bookcadillacwestin.com
Place to be
Auf dem Western market gibt es Obst, Gemüse und Delikatessen. Rund herum haben sich kleinere Läden (Kleider, Schmuck, Interior) angesiedelt.
Essen
Die Supino Pizzeria ist in ganz Detroit bekannt für die grossen, guten und günstigen Pizzen.
Ausgehen
Um ehrlich zu sein – in Detroit ist abends nicht viel los. Es gibt aber immer irgendwelche Parties in Clubs – am besten fragt man die Einheimischen, wo gerade etwas los ist. Es kann passieren, dass man in einem Club mit 10 anderen Gästen feiert, und ein bekannter DJ auflegt, für den man in Europa viel Geld zahlen müsste.
Weltbekannt und gut besucht ist allerdings das Electronic Musicfestival, das jedes Jahr im Mai stattfindet.