„El Serrano“ und „Il Sardo“
Franco Lai ist Sarde. Ich bin Serrano. Wir sind uns vorher nie begegnet. Wussten weder über unsere Existenzen, unsere Heimatorte noch unsere Geschichten Bescheid. Er hat mich nicht erwartet. Ich habe ihn nicht gesucht. Und doch haben sich unsere Wege gekreuzt. Auf La Maddalena, einer kleinen Insel im Nordosten Sardiniens.
Ein Fachreferat an der Tagung einer Touroperatorvereinigung bescherte mir eine tolle Einladung an eine von den Veranstaltern angebotene Destination – Sardinien. Der Flug war rasch gebucht, das Hotel in der Region Costa Smeralda auch – allerdings mit dem Kompromiss, nur 36 Stunden vor Ort zu sein und deshalb wohl auch nur wenig sehen zu können. Auf welche Reiseformel sollte ich mich also einschiessen? „Liegestuhl und Sonne“ oder „Entdeckungsreise“? Die Frage war bei Ankunft in Olbia rasch beantwortet.
Der lokale Autovermieter lieh mir ein Cabrio aus und so hatte ich mein Sonnenbad in gewisser Hinsicht auch gleich mitgebucht. Und als hätte mein fahrbarer Untersatz geahnt auf was ich abfahre, kutschierte er mich (ohne Navi) intuitiv an schönen Küstenstrassen, Hügelketten sowie bekannteren und wenig bekannten Ortschaften vorbei. Im berühmten Porto Cervo machte ich Halt. Im Sommer soll hier das Leben pulsieren. Bei meiner Ankunft im Herbst waren nur noch vier grosse Yachten im Hafen, die tüchtig auf das Überwintern vorbereitet wurden. Bis auf eine kleine Espresso-Bude, die den Hafen-Carabinieris auch in der Off-Season einen Kaffeestopp ermöglicht, waren alle Lokale geschlossen.
Weiter ging es! Baja Sardinia, Cala Bitta, Cannigione und am Capo d’Orso vorbei nach Palau. Wäre ich diesem Routen-Rhythmus weiter gefolgt, wäre ich bald an der gegenüberliegenden Nord-Westküste Sardiniens angekommen. Doch mein Mietauto und ich entschieden uns, die Fähre zu nehmen, die eben in Palau eingelaufen war. Nach ein paar Hupkonzerten und Kraftausdrücken autofahrender Inselbewohner während des Verlads, waren mein Cabrio und ich gut verstaut auf dem Weg auf die Insel Maddalena.
Die Überfahrt von Palau nach La Maddalena
Zwischenzeitlich war bereits Essenszeit in Italien. Alle Läden hatten in der kleinen Inselstadt für die nächsten paar Stunden geschlossen. Nur einige Einwohner, die noch nicht am Mittagstisch sassen, bevölkerten die Strasse. Ich parkte und schlenderte ohne Orientierung durch diese bezaubernde, mich in ihren Bann ziehende, idyllische Altstadt. Ganz meinem Magenknurren folgend, hielt ich Ausschau nach einem Restaurant. Möglichst authentisch sollte es sein. Und so lernte ich Franco den Sarden kennen – den Besitzer des Restaurants „Il Gotto“. Nach dem Verzehr köstlicher Meeresfrüchte und einer Variation gegrillter Fische tauschten sich Wirt und Gast aus. Intensiv, offen, ausführlich.
Franco Lai servierte köstliche Meeresfrüchte und gegrillten Fisch
Erst als ich dem „Via Panoramica“ folgend auf die Insel Caprera zusteuerte und am entlegenen Sandstrand „Spiaggia del Relitto“ angelangt war, begann ich über das tolle Leben zu sinnieren, das ich eben führte, und entdeckte die Gemeinsamkeiten, die Franco und mich verbanden. Er Jahrgang 63. Ich Jahrgang 63. Er mit lateinischen Wurzeln. Ich mit lateinischen Wurzeln. Er Unternehmer. Ich Unternehmer. Er Vater. Ich Vater. Er auf seiner Art für die Tourismusbranche tätig. Ich auf meine Art für dieselbe Branche tätig. Er Koch seiner selbstgemachten Pasta. Ich Koch meiner selbstgemachten Pasta…
Tolle Abendstimmung auf La Maddalena
Während ich nach meinem Bad im Meer die Küstenstrasse an malerischen Sandstränden mit bizarren Felsformationen und unzähligen Buchten entlang fuhr (und auf der Isola Giardinelli wenden musste, um wieder zum Hafen in La Maddalena zurückzufahren), bot sich mir ein ergreifendes Naturspektakel. Der Himmel leuchte in allen erdenklichen Rot- und Blautönen. Sardinien hatte mich und all meine Sinne berührt und mich so Teil dieses schönen Erdfleckens werden lassen. Innert nur 36 Stunden! Und erst als ich die Landkarte genauer studierte, stellte ich fest, dass ich in dieser kurzen Zeit, ohne es zu realisieren, vier Inseln besucht hatte.
Malerisch und unbevölkert: La Maddalenas Sandstrände im Herbst
Anreise La Maddalena:
Direktflug mit Edelweiss oder airberlin nach Olbia.
ab Palau mit der Fähre weiter nach La Maddalena. Ein Retourticket kostet 39 Euro (Fahrzeit: 20 Minuten).
La Maddalena ist mit einer Brücke mit der kleinen Insel Caprera verbunden. Für die Wahl des Hotels lieferte der Sardinien-Spezialist Smeraldo Tours Inputs.
Javier Gonzalez (*1963) ist Managing Partner und Miteigentümer der seit über 14 Jahren im Markt tätigen Kommunikationsagentur BBGmarconex in Thalwil/ZH. Er ist profunder Kenner der touristischen sowie der MICE-Szene und hat über die Jahre mit seinem Team nationale wie internationale Events und Promotionen für eine Vielzahl renommierter Firmen realisieren dürfen. Er ist Vater von 5 Kindern und begeisterter Viel-Reisender.