Pistencheck in Finnisch Lappland
Zugegeben, Skifahren ist sicher nicht der Hauptgrund, weshalb wir Schweizer im Winter in den hohen Norden reisen müssen. Die lappländische Winterlandschaft wartet mit weit Sehenswerterem auf als mit Downhill-Skigebieten: Ich denke hier an Schlittenausflüge mit Huskys oder Rentieren, Schneemobil-Touren, Lang- und Schneeschuhlaufen und natürlich die faszinierenden Nordlichter, die man mit etwas Glück in klaren Nächten sichten kann.
Wer aber sowieso schon mal so weit in den Norden gereist ist, sollte es sich dennoch nicht entgehen lassen, die Fjells auch mal mit den Skiern oder dem Snowboard zu erkunden und den Vergleich mit den Alpen zu ziehen. Ein überwältigendes Erlebnis!
Saariselkä liegt 250 km oberhalb des Polarkreises nahe der finnisch-russischen Grenze und ist ein idealer Ort, um all das zu erleben, was Lappland ausmacht. Das Wintersportdorf ist umgeben von den Fjells Kaunispää und Isakkipää, an denen insgesamt drei Skilifte und ein Sessellift in die Höhe führen. Ausrüstung und Skipass kriegt man unten an der Talstation. Die 77 Euro für die Tageskarte inkl. Miete von Schuhen, Snowboard und Helm sind für Schweizer Verhältnisse fast schon ein Schnäppchen (obwohl Finnland sonst ja auch nicht gerade zu den günstigeren Euroländern gehört…).
Aber die Dimensionen sind hier natürlich auch etwas anders: Hardcore-Pistenjunkies dürften sich nach einer Stunde wahrscheinlich langweilen; das Skigebiet ist schnell abgefahren und nicht wirklich herausfordernd. Der Schnee ist perfekt pulvrig und pro Abfahrt begegne ich maximal 10 anderen Skifahrern, manchmal auch gar keinem. Ideale Bedingungen für Anfänger also! Das Aussergewöhnliche findet man hier aber definitiv nicht auf den Pisten selbst, sondern in der weiten und einsamen Landschaft drum herum.
So viel Platz hat man auf Skipisten selten
Wald, Wald, Wald soweit das Auge reicht – so könnte man den Ausblick vom „Gipfel“, dem 438 m hohen Kaunispää, beschreiben: Diese wilde, bis an den Horizont reichende Eintönigkeit bricht mit der typischen Bergromantik, wie wir sie von den Alpen her kennen, und faszinierte mich wahrscheinlich genau deswegen so sehr. Auf dem Fjell gibt es übrigens – so viele Gemeinsamkeiten zu den Alpen sind dann doch vorhanden – eine gemütliche Beiz, die Ravintola Huippu.
Statt Raclette und Gerstensuppe werden lappländische Snacks wie Rentiersuppe, frischgebackenes Fischbrot oder Krähenbeere-Käsekuchen und natürlich ebenfalls eine grosse Auswahl an warmen und alkoholischen Getränken serviert. Diese könnte man auch bitter nötig haben in Anbetracht der arktischen Windverhältnisse auf dem Fjell. Obwohl das Thermometer nur -8 °C anzeigte, fühlte sich dieser eisige Wind so schmerzhaft kalt an, dass ich mir sogar die zwei Nächte zuvor erlebten -26°C im windstillen Wald von Rovaniemi zurückwünschte. Eine Skibrille und ein Buff, den man sich zum Schutz übers Gesicht ziehen kann, sind hier zum Skifahren definitiv unumgänglich!
Aber allein die Tatsache, in dieser einsamen, am dünnsten besiedelten Landschaft Europas die Piste runterzufahren, verzauberte mich so sehr, dass ich diese Kältestrapazen gerne auf mich nahm. Und der spektakuläre Sonnenuntergang am späten Nachmittag begeisterte mich derart, dass ich beim Fotografieren auch noch das Abfrieren meiner Finger riskierte… Es war die Mühe wert! Dieses himmlische Farbenspiel in Worte zu fassen ist nämlich schlicht unmöglich, hier die Beweise:
Apropos Lichtspektakel am nördlichen Himmel: Leider gehörte ich nicht zu den Glücklichen, was die Aurora Borealis betraf. Die Nordlichter hatten keine Chance gegen die dicke Wolkendecke, die nach Einbruch der Dunkelheit aufzog und sich auch in den darauffolgenden Tagen hartnäckig hielt. Dieses ultimativste aller Naturphänomene wäre vielleicht sowieso zu viel Kitsch auf einmal für mein stark am Wasser gebautes Gemüt gewesen… 😉 Ein Grund mehr bald wieder in den magischen hohen Norden zu reisen!
Hinkommen: Saariselkä liegt in der Nähe des Flughafens Ivalo, der täglich von Finnair angeflogen wird. Auf dem Landweg liegt Saariselkä knapp vier Busstunden von Rovaniemi, dem südlich gelegenerem Zentrum von Finnisch-Lappland, entfernt.
Übernachtung: Im Saariselkä Panimo, einem gemütlichen Gasthaus mit hausgebrautem Bier im Dorfzentrum, gibt es warme, günstige Zimmer mit sehr bequemen Betten. Eine Sauna ist selbstverständlich ebenfalls vorhanden und im Übernachtungspreis inklusive.
Weitere Informationen: www.saariselka.fi