Vom heiligen Bischof zur Werbe-Ikone: Rund um die Welt mit Nikolaus
Fragt man hierzulande, so kommt der „Samichlaus“ jedes Jahr am 6. Dezember mit seinem Esel aus dem Wald, bringt „Grittibenz“ und Nüssli. In Holland reist „Sinterklaas“ am Abend des 5. Dezember per Schiff aus Madrid an, bringt Süssigkeiten und die Weihnachtsgeschenke. Die amerikanischen Kinder müssen bis am 24. Dezember warten, wenn Santa Claus mit seinem Rentier-Schlitten durch die Lüfte fliegt.
Der konsumorientierte Weihnachtsmann hat jedoch nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Nikolaus zu tun, der im 4. Jahrhundert als Priester und Bischof von Myra, der heutigen Stadt Demre in der Türkei, wirkte. Dieser hatte von seinen Eltern viel Gold geerbt und half den Armen als „Retter in der Not“, weshalb man ihn später heilig sprach. Neben dem Gaben verteilen sind viele der heutigen Samichlaus-Bräuche auf die Legenden um den wohltätigen Bischof zurückzuführen.
Von der Türkei….
Nach Demre, nahe der Touristenstadt Antalya, pilgern heute Hunderttausende und besuchen das Grab des Heiligen Nikolaus in der byzantinischen Kirche. Am 6. Dezember, dem Todestag des Heiligen, gibt es in der Stadt einen Umzug und zahlreiche Festlichkeiten (vorwiegend für die christlichen Touristen). Tatsächlich aber gibt es auch eine nicht-religiöse Tradition in der Türkei: Noel Baba legt jeweils am 31. Dezember Geschenke für Kinder und Erwachsene unter eine Kiefertanne, die als „Neujahrsbaum“ bezeichnet wird.
…nach Italien
Wer zu Ehren des Heiligen Nikolaus nach Demre pilgert, sollte wissen, dass der Steinsarg des einstigen Bischofs leer ist. Denn nach der Eroberung der damals christlichen Region durch die muslimischen Seldschuken, brachten italienische Seeleute seine Überreste nach Bari. Dort wird San Nicola noch heute gross gefeiert, allerdings erst vom 7. bis 9. Mai, dem vermutlichen Ankunftsdatum des Schiffes. Jedes Jahr wird eine Statue des Heiligen von mehreren Hundert Personen in historischen Kostümen durch die festlich geschmückten Strassen zum Hafen getragen. Anschliessend wird damit die Bucht von Bari auf einem Boot umrundet.
Die Rolle des „weltlichen Samichlaus“ nimmt in Italien vielmehr die Hexe Befana ein, deren Name vom lateinischen Epiphanía („Erscheinung“), dem Fest der Heiligen drei Könige, stammt. Der Sage nach hat La Befana von Hirten von der Geburt des Jesuskinds erfahren und den Stern von Bethlehem verpasst, der sie zum Ort des Geschehens führen sollte. Nun fliegt sie jedes Jahr in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar auf ihrem Besen von Haus zu Haus, sucht das Jesuskind und bringt den braven Kindern Geschenke, während sie die ungezogenen bestraft.
Via Holland…
Nikolaus von Myra gilt auch als Schutzpatron der Seefahrer. Der Legende nach sollen einst in Seenot geratene Schiffsleute den Heiligen um Hilfe angerufen haben, woraufhin plötzlich ein Mann hinter dem Steuer stand und das Schiff sicher bis in den Hafen von Myra lenkte. Jahrzehnte lang haben deshalb Kinder Nikolaus-Schiffchen aus Papier gebastelt, in die der gute Mann seine Geschenke legen sollte. Die Schiffchen wurden im Laufe der Zeit vielerorts zu Schuhen oder Strümpfen, so auch in Holland, wo am Pakjesavond (Päckli-Abend) ein Schuh vor das Cheminée oder Fenster gelegt wird, damit ihn Sinterklaas über Nacht mit Geschenken füllt.
Der Mann im roten Gewand reist jeweils am Abend des 5. Dezember zusammen mit seinen Gehilfen, den „Zwarte Pieten“, mit einem Dampfschiff aus Madrid an. Damit ihn möglichst viele Kinder zu Gesicht bekommen, legt er jedes Jahr an einem anderen niederländischen Hafen an, reitet dann auf einem weissen Pferd durch das Land und bringt den Kindern ihre Weihnachtsgeschenke. Böse Kinder werden im Sack mit nach Madrid genommen, wo sie über das Jahr hinweg gutes Benehmen lernen müssen. Ein besonderer Brauch in Holland sind die „chocoladeletters“,von denen jedes Jahr über 20 Millionen Stück verkauft werden: Die Beschenkten erhalten den Anfangsbuchstaben ihres Namens aus Schokolade.
Dabei erhalten alle gleich viel Schokolade: Das I ist zum Beispiel viel dicker und massiver als das W.
…in die ganze Welt
Niederländische Auswanderer haben die Nikolaus-Tradition in die USA mitgebracht, wo das Fest in den Kolonien gefeiert wurde und aus „Sinterklaas“ der englische „Santa Claus“ wurde. Der bärtige Mann, der auf einem von Rentieren gezogenen Schlitten durch die Luft fliegt und an Weihnachten die Geschenke bringt, ist auf ein 1823 anonym veröffentlichtes Gedicht mit dem Titel „The Night before Christmas“ zurückzuführen. Spätestens 1931 wurde dieser Weihnachtsmann durch den Coca-Cola-Werbespot auf der ganzen Welt bekannt. So zum Beispiel kommt „Papai Noel“ auch in Brasilien mit einem „trenó“ und fliegenden „renas“, allerdings nimmt er dabei vermutlich den weiten Weg vom Nordpol auf sich, während er in Finnland unweit von Rovaniemi mitten auf dem Polarkreis wohnt.