Wie man Kopenhagen in zweieinhalb Tagen zu Fuß erkundet
Kopenhagen empfängt mich mit strahlendem Sonnenschein und warmen Temperaturen. Vom Flughafen gelange ich mit der Metro, in der es sogar Internet gibt, in rund 20 Minuten zum Hauptbahnhof. Den Ausgang zur ca. 1 km langen Istedgade, dem sogenannten Rotlichtviertel Kopenhagens, finde ich schnell. Das Viertel hinter dem Bahnhof mit Schlachthof, Gerbereien, Drogenhandel, Prostitution und Wohnkasernen mit finsteren Hinterhöfen war früher die Schmuddelecke Kopenhagens – doch das ist längst passé. Nach wie vor gibt es dort zwar Billighotels und Sexshops, aber gleichzeitig findet man mittlerweile coole Szenelokale.
Tag 1 – Vesterbro
Nach ein wenig herumfragen – die Kopenhagener sind wirklich sehr freundlich – finde ich dann die Wohnung meiner Gastgeberin Didde, einer dänischen Journalistin. Den Schlüssel habe ich zuvor im Solhatten abgeholt, weil Didde fleißig arbeitet. Mich erwartet ein schöner, sanierter Altbau. Ab in den 4. Stock. Ich schaue mich nur kurz um, stelle mein Köfferchen in die Ecke und mache mich gleich wieder auf den Weg die Nachbarschaft zu erkunden. Denn die Wohnung, die ich mir ausgesucht habe, ist im hippen Bezirk Vesterbro.
Hier leben vor allem junge Kopenhagener, Künstler und Studenten. Keiner wirbt mit Internationalität, dafür kommen die Bewohner selbst aus allen möglichen Nationen. Das zeigt sich auch an den vielen türkisch-arabischen Imbissen oder thailändischen und indischen Restaurants. Überall sieht man in diesem Teil von Kopenhagen junge, stylishe Leute, böse könnte man sie auch Hipster nennen, die ebenso gut auch in Berlin oder London die Straße entlang schlendern könnten – mit dem Unterschied, dass hier einfach wirklich (fast) jeder mit dem Fahrrad fährt! Dementsprechend tragen auch alle coole Sneakers. High Heels sind die Ausnahme.
Ich schlendere die Vesterbrogade entlang und mache halt im Prag – einem Second Hand Shop mit guter Auswahl von Ledershorts über Trenchcoats bis zu Schuhen. Weiter geht es zum Genbrug, wo es ebenfalls coole Fundstücke gibt. Als ich dort eintreffe, ist gerade eine Stylistin vom Theater auf der Suche nach opulent verzierten Westen. Ich befinde mich also in kreativer Gesellschaft.
Ich biege links auf die Værnedamsvejab – die Delikatessenmeile des Viertels. Hier findet man lauter kleine Läden, die Käse, Fleisch, Obst, Gemüse und Sushi verkaufen, und es gibt auch eine Brasserie. Auf der linken Seite befindet sich das Granola, ein von den 60er Jahren in Frankreich inspiriertes Bistro. Mit Eis, Milchshakes und Kuchen im wahrsten Sinne des Wortes sehr süß, aber ein wenig zu teuer für meinen Geschmack und außerdem habe ich Hunger auf ein richtiges Smørrebrød! Das gibt es nur ein paar Meter weiter bei Salatbørsen. Ein eher unscheinbares Lokal, aber lecker Smørrebrød für sportliche 25 Kronen. Was will ich mehr! So günstig komme ich für Essen in dem Urlaub dann nicht mehr weg …
Ich schlendere weiter durch die Nachbarschaft und bleibe vor dem Schaufenster von Isangs stehen, dessen außergewöhnliche Auslage mit Rasierpinseln und speziellem Balsam meine Aufmerksamkeit erregt hat – rein da. Die Verkäuferin berät mich super, wir halten ein nettes Schwätzchen, sie gibt mir noch Tipps für die Stadt (erwähnte ich bereits, das hier alle wahnsinnig nett sind?) und ich erstehe eine Naturseife.
Um mich noch mit dem Nötigsten zu versorgen, mache ich einen Abstecher in den Supermarkt und da sehe ich Puck, nein nicht die Stubenfliege, sondern ein Eis mit Lakritzgeschmack. Ich liebe Lakritze!!! Muss ich probieren, werde aber leider enttäuscht, denn die Mischung aus Vanille und leicht salziger Lakritznote ist dann doch etwas gewöhnungsbedürftig.
Gestärkt laufe ich die Vesterbrogade wieder ein Stück zurück, um am Ende links in die Vesterfælledvej einzubiegen. Dort versteckt liegt die Siedlung Humbley; kleine Reihenhäuser, die Ende des 19. Jahrhunderts von Arbeitern der Carlsberg-Brauerei gebaut wurden. Kurz davor liegt auch die Carlsberg-Fabrik, die man besichtigen kann. Aber erstens bin ich dafür zu spät dran und zweitens interessiert mich Bier dann doch eher als kühles Endprodukt im Glas 😉 Und darum bzw. um eine adäquate Alternative kümmere ich mich dann auch gleich.
Die übernächste Querstraße ist Halmtorvet. Wo bis 1960 Viehauktionshallen und Schlachtereien waren, findet man heute Øksnehallen – das Kulturzentrm von Kopenhagen. Rund herum sind viele feine Restaurants und stylishe Bars, wie auch das Nose2tail (ein Tipp von Didde). Ein wenig versteckt geht es nach unten in den Keller, aber dort erwartet mich eine cosy-schummrige Atmosphäre und super nettes Personal. Einen Drink genehmige ich mir. Ich schlendere zurück zur Istedgade ins Bang & Jensen, das früher eine Apotheke war und heute tagsüber als Café und abends als Bar und Disko dient. Dort nehme ich noch einen Hyldeblomst Cider als Absacker. Nach dem ersten halben Tag kehre ich etwas müde, aber voller neue Eindrücke in die Møgeltøndergade 4 ein. Didde ist im Kino, hat mir aber netterweise noch ein wenig Wein da gelassen.
Tag 2 – Zu Fuss durch Friedrichshavn
Frühstück gibt es heute im Kaffeslaberas’en – Diddes Lieblingscafe für Morgendliches. Auch ich bin angetan. Dann mache ich mich auf den Weg Richtung Rathaus, orientiere mich am Verlagshaus der Tageszeitung Politiken und biege – anstatt in die Stroget – rechts in die Querstraße Vestergade ein. Bis auf das Illums Bolighus, in dem es auf vier Etagen spezielle dänische Designer, tolle Kosmetik und Haushaltsgegenstände, die man zuhause nicht unbedingt findet, gibt, kann man sich die „Shoppingmeile“ sparen.
Ich folge also der Vestergade. Rechts befindet sich Lædersmeden, dort findet man handgearbeitete Lederstiefel, Taschen und Jacken. Feines aus Seide gibt es im Tone Barker Silk. Ich brauche jetzt etwas Heißes zum Trinken – in der Kette Emmerys mit Fairtrade-Kaffee wärme ich mich auf. In der ganzen Straße gibt es coole Läden mit besonderen, aber auch recht kostspieligen Sachen. Gucken und sich inspirieren lassen kostet ja glücklicherweise nichts. Ich laufe weiter Richtung Gammeltorv und dann links in die Nørregade, um dort Halt im Notre Dame zu machen, wo man eine bunte Auswahl an Design für den Alltag findet – preislich ok.
Nicht weit entfernt ist Sømods Bolcher, der königliche Hoflieferant in Sachen Naschkram, der die Bonbons noch wie vor 100 Jahren mit der Hand fertigt (eine bunte Bonbonmischung ist mein). Weiter geht es zur alten Uni über den Vor Frue Plads. Rechts an der Ecke Fiolstræde ist der Eingang zur Unibibliothek. Der Blick in den Lesesaal, mit den meterhohen Bücherregalen und dem Charme des 19 Jahrhunderts, lohnt sich. Auf der Fiolstræde befindet sich auch das Paludan Bog & Café – ein Antiquariat mit angeschlossenem Café. Gefällt mir gut!
Am Ende der Straße biege ich rechts in den Rosengarden, der am Kultorvet endet. Von da aus auf die Kobmagergade (die sogenannte kleine Stroget) und von dort in die Kronsprinsensgade.
Das Ziel: Der königliche Hoflieferant Perch’s Thehandel . Und dort sehe ich es auch schon, das Blechschild mit der goldenen Teekanne. Der Laden ist wie für mich gemacht. Zwar klein, aber so gemütlich mit seinen zig Teedosen aus Messing, die bis unter die Decke die Regale füllen. Mein Blick fällt auf die Sorte “White Persian”, weißer Tee mit Pfirsicharomen – da muss ich natürlich zuschlagen. Links im Hof, im ersten Stock befindet sich der dazugehörige Tea Room. Soooooo toll! Die Karte des Teesalons hält rund 150 Sorten bereit. Mir schwirrt der Kopf und ich lasse mich beraten – es wird ein Kännchen edler Darjeeling First Flush 2014 und dazu “Ferdinands Fryd” – Scones mit Clotted Cream, Marmelade und Lemon Curd. Mir ist nun auch völlig klar, warum der Laden königlicher Hoflieferant ist!
Nebenan gibt es coole Kleidung und Accessoires bei Moss Copenhagen, wo ich eine kleine, aber feine Kette erstehe. Ein paar Meter weiter mache ich Halt bei Ilse Jacobsen – die Mode ist nicht so meins, wer aber für sein Beautycase auf der Suche nach Besonderem aus aller Welt ist, kann sich hier ein dänisches Souvenir mitnehmen – das Sea Buckthorn Rosemary Body Shampoo ist toll.
In der gesamten Kronprinsensgade gibt es extravagante und exklusive Boutiquen und Geschäfte. Wer genug Kleingeld dabei hat und über ein wenig Extrovertiertheit verfügt, wird hier in jedem Fall fündig. Cooles Interior Design gibt es bei Hay. An der Kreuzung der Kirsten Bernikows Gade angekommen, findet man auf der anderen Seite bei Casa Shop Kleinmöbel und edle Lampen.
Bei mir meldet sich der Magen: ich mache Stopp in einem kleinen Bistro. Auch hier wieder ein nettes Schwätzchen mit einem alten Dänen. Als er erfährt, woher ich komme, erzählt er mir, dass viele Dänen Wohnungen in Berlin haben – das erklärt also die Wohnungsnot in meiner Heimat 😉
Von dort spaziere ich weiter Richtung Kongens Nytorv zur Nyhavns, dem berühmten Stichkanal. Die Café sind voll, die Sonne scheint. Ich laufe bis zum Nyhavn Hotel, untergebracht in einem ehemaligen Speicherhaus direkt am Wasser, in das ich beim nächsten Besuch definitiv auch einchecken würde. Ich kehre wieder um und mache mich auf den Weg nach Amalienborg Slot – dem Sitz der Königin. Uhrzeittechnisch bin ich fast genau richtig – die königliche Leibgarde ist schon da! Die Wachablösung ist ein schönes Spektakel, das ich mir gerne anschaue, bevor ich mich auf den Weg zu Den Lille Havfrue mache. Ein ganz schöner Marsch entlang der Langelinie und der Wind pustet mir ordentlich um die Ohren.
Nächstes Ziel: Langelinie Outlets Store. Auf dem Weg passiere ich das Kastellat, den Botanischen Garten, Rosenborg Slot und Have und das Staatsmuseum, aber dafür bleibt jetzt keine Zeit – nur noch eine Stunde ist das Outlet offen. Direkt am Hafen findet man diverse Shops, wie Noa Noa oder Company’s mit Brands wie Soaked in Luxury, Marlene Birger und vielen mehr. Für Kopenhagener Verhältnisse kann man hier wirklich ein paar Schnäppchen zum halben Preis machen – was mich angeht gleich ein paar mehr … Mit meiner Beute mache ich mich wieder auf den Rückweg und dabei einen Abstecher durch den königlichen Garten Kongens Have – ein schöne Oase inmitten der Stadt.
Für heute reicht es mir und ich trete den Rückweg in “meinen Hood” an. Heute Abend probiere ich das Café Mandela am Halmtorvet aus. Angenehm unaufgeregt, die Speisen sind bio und ab und an gibt es dort auch Live-Musik. Ich entscheide mich für den Burger mit Fries und dazu natürlich ein Carlsberg – köstlich! Noch ein kleines Schwätzchen mit Didde und dann ab in die Heia.
Tag 3 – Christianshavn
Ich probiere das Frühstück im Enghave Kaffe aus – wieder ein Tipp von Didde. Der Mann hinter der Bar ist tiefenentspannt, locker drauf und macht ein paar Witzchen und das schon morgens. Beneidenswert. Ich nehme ein dunkles Brot mit Käse, dazu ein gekochtes Ei und einen Milchkaffee. Computer und Tablets sind hier nicht erlaubt, was sehr angenehm ist. Auf mich wartet nun ein rund einstündiger Spaziergang nach Christianshavn auf die andere Seite der Stadt. Auf meinem Weg komme ich am Dansk Design Center (Ausstellungen zur dänischen Designgeschichte) vorbei, was aber leider noch nicht geöffnet hat sowie an der NY Carlsberg Glyptotek (berühmt für seine etruskische Sammlung).
Dann geht es auch schon über die Langebro nach Christianshavn, das im 17. Jahrhundert von den Holländern angelegt wurde – dieser Teil von Kopenhagen sieht dementsprechend auch aus wie ein kleines Grachtenstädtchen. Erster Stopp ist die Vor Frelsers Kirke, deren Attraktion ihr Turm ist. Um seine Spitze windet sich eine Außentreppe mit 150 Stufen – den Aufstieg lasse ich mit meiner Höhenangst lieber sein. Weiter geht es nach Christiania, dem sogenannten Freistaat, der Anfang der 70er Jahre ausgerufen wurde, nachdem Jugendliche das vom Militär verlassene Areal besetzt hatten. Es wird mittlerweile als legalisiertes “soziales Projekt” angesehen. Mir laufen sowohl Polizisten als auch die alternativen Bewohner über den Weg – merkwürdiges Bild. Ich hatte mir das Ganze etwas “krasser” vorgestellt, aber wenn man in Berlin aufgewachsen ist, schockt einen Christiania nicht wirklich.
Also mache ich mich entlang der Danneskiold Samsoes auf zur Oper. Auf dem Weg komme ich an der königlich dänischen Kunstakademie vor – ein schönes Areal auf dem lauter fleißige Studenten herumwuseln und sich Showrooms von angesagten Brands befinden. So wundert es mich auch nicht, dass als ich an der Oper ankomme, diese zufälligerweise gerade als Location für den Copenhagen Fashion Summit genutzt wird. Die Oper selbst sieht aus wie ein monumentaler Arientempel – ein krasser architektonischer Kontrast zum gegenüberliegenden Palast.
Da ich keine Lust habe auf das nächste Boot zu warten, das mich wieder auf die andere Stadtseite bringt, spaziere ich wieder am Kanal entlang zurück, um im Café Wilder zu Mittag zu essen. Gleich daneben ist die Eiffel Bar – dort treffen sich wohl Künstler, Studenten, Regierungsbeamte und pensionierte Seefahrer, wie mir Didde erzählt hat. Leider hat sie um diese Uhrzeit noch geschlossen … ein Besuch für das nächste Mal ist notiert.
Ich laufe über die Knippelsbro zurück und scheine ein wenig verloren zu wirken, tief versunken in meine Karte, so dass mich ein älterer Herr anspricht. Wieder ein kleines Schwätzchen, ein paar Tipps – erwähnte ich schon, dass die Dänen unglaublich nett sind – und weiter geht es direkt an der Borsen und dem Regierungssitz Christiansborg Slot vorbei.
Kurz noch einen Blick in die königliche Nationalbibliothek und von dort ist es einen Katzensprung zu meinem nächsten Ziel: dem Nationalmuseum. Seit 1807 werden dort die dänischen Kulturgüter verwahrt. Der Lageplan, den man am Eingang erhält, ist sehr nützlich – die Übersicht kann man sonst leicht verlieren. Der Eintritt ist frei. Dort verweile ich eine ganze Zeit und schaue mir verschiedene Ausstellungen an. Ganz witzig gemacht ist die Geschichte von Dänemark zwischen 1660 bis 2000 im zweiten Stock.
Ich mache mich zurück in Richtung Rathausplatz und lege noch einen Zwischenstopp im Project 4 ein, wo es ausgewählte dänische Labels gibt. Schließlich brauche ich noch ein Mitbringsel für den Mann und werde fündig: ein schönes Etui für das Smartphone sowie Handcreme von Tokyomilk by Margot Elena.
Letztes Ziel: Dessertdragens. In diesem kleinen Laden, der nur eine Holzbank hat und nicht zum Verweilen gedacht ist, gibt es die tollsten süßen Köstlichkeiten. Ich entscheide mich für ein Apfeltörtchen mit Pistazien auf die Hand – mmhh… und verabschiede mich so voller süßer Gedanken vom schönen Kopenhagen.
Für die wichtigsten Spots der dänischen Hauptstadt Kopenhagen reichen zweieinhalb Tage meiner Meinung nach locker. Und nächstes Mal stehen dann die Viertel Frederiksberg, Nørrebro und Østerbro an. Denn eines ist klar: Kopenhagen ich komme wieder!
Weitere Tipps für Restaurants, Bars und Shops in Kopenhagen:
Ebenfalls hilfreich:
Die Map “Discover the green Copenhagen”, die man in ausgewählten Geschäften, z.B. in Vesterbro findet.
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