Reiseversicherung: „Kunden reisen immer schlechter vorbereitet“
Ferien sind zum Geniessen da. Und doch kann es passieren: Man hat einen Unfall oder erkrankt plötzlich schwer und muss repatriiert – also nach Hause transportiert – werden. Andy Keller, Managing Director des neuen Reiseversicherungsunternehmens Helvetic Assistance, gibt Auskunft rund um das Thema Reiseversicherung.
Welche Möglichkeiten gibt es, sich für eine Reise zu versichern?
Diverse! Wichtig aber ist, dass man über eine Assistance-Deckung verfügt. Die Assistance-Zentrale ist während 24 Stunden an 365 Tagen erreichbar und hilft dem Kunden respektive den Angehörigen bei Unfall, Erkrankung oder Todesfall im Ausland.
Wie wird dem Kunden geholfen?
Einerseits übernimmt die Versicherung die gesamte Koordination vor Ort und anderseits bezahlt sie die entstehenden Kosten. Diese können rasch einen fünfstelligen Betrag erreichen – oder noch höher ausfallen!
Welche weiteren Versicherungen sind ebenso wichtig?
In erster Linie empfehle ich zusätzlich den Abschluss einer Annullierungskostenversicherung. Durch verschärfte Storno-Bedingungen der Airlines, Hotels und Reiseveranstalter entstehen bei Reiserücktritt schon früh Kosten, die dadurch ebenfalls versichert sind.
Somit ist man mit einer Assistance- und einer Annullierungskostenversicherung bestens abgedeckt?
Ja. Aber für Reisen in ferne Destinationen ist auch eine Zusatzversicherung für medizinische Kosten empfehlenswert. Die Kosten dafür sind in vielen Ländern sehr hoch respektive oft ist auch die medizinische Gesundheitsversorgung nicht ausreichend. Mit dieser Zusatzversicherung hat der Kunde Zugang zu spezialisierten Ärzten oder privaten Abteilungen in Spitälern.
Die medizinische Behandlung im Ausland kann schnell sehr kostspielig werden
Empfehlen Sie eher kurzfristige Policen oder Jahresversicherungen?
Ich empfehle Jahresversicherungen. Heute verreist man mehrmals pro Jahr. So ist der Kunde bei allen Reisen, egal wohin und wie lange sie dauern, geschützt.
Wen soll ich als erstes anrufen, wenn ich im Ausland erkrankt oder verunfallt bin?
Sofern der Kunde über eine kurzfristige Police oder eine Jahresversicherung verfügt, welche die Assistance deckt, muss er zwingend die Notrufzentrale seiner Reiseversicherung anrufen. Dort wird er von erfahrenen Spezialisten betreut, welche die notwendigen Massnahmen individuell auf den Kunden massgeschneidert organisieren. Diese Notrufnummer soll der Kunde wenn möglich in seinem Handy speichern. Einzelne Reiseversicherungen verfügen auch über eine eigene Notfall-App.
Wo bin ich besser untergebracht: Bei einer Versicherung oder bei der Rega?
Bei einer Reiseversicherung und der Rega handelt es sich um zwei unterschiedliche Gesellschaftsformen. So muss die Reiseversicherung aufgrund der allgemeinen Versicherungsbedingungen in jedem Fall dem Kunden Hilfe leisten. Die Rega ist eine unabhängige und gemeinnützige Stiftung, welche von Gönnern lebt und ist nicht verpflichtet, Hilfe zu leisten. Die Rega repatriiert bei Krankheit oder Unfall, wogegen die Reiseversicherung noch in vielen anderen Fällen Leistungen erbringt.
Zum Beispiel…
… bei vorzeitiger Rückreise, Pannen, Naturkatastrophen, Terror, Todesfall etc. Aber die Rega fliegt auch Einsätze für die Reiseversicherungen, da diese nicht über eigene Ambulanzjets verfügen. Bei Repatriierung von Rega-Gönnern, welche eine Jahresversicherung haben, werden diese Kosten den jeweiligen Reiseversicherungen in Rechnung gestellt.
Am besten ist mal also Rega-Gönner und hat eine Jahresversicherung?
Genau. Diese ergänzen sich perfekt.
Wenn ich eine Reiseversicherung abschliesse: Worauf muss ich achten? Was muss sie mindestens beinhalten?
Dass sie mindestens die beiden Produkte „Annullierungskosten“ und „Assistance“ beinhaltet.
Was passiert, wenn ich keine solche Versicherung habe, und ich muss repatriiert werden?
Dann werden die gesamten Kosten der Repatriierung dem Kunden in Rechnung gestellt. Bei Gran Canaria kann sich das zum Beispiel locker auf 40’000 bis 50’000 CHF belaufen. Bei USA-Reisen auf 120‘000 bis 150’000 CHF.
Gibt es Regeln oder Standards für eine Repatriierung?
Bei der Repatriierung von Patienten müssen folgende Regeln, resp. Standards erfüllt sein:
1: Die Meldung muss an die Notrufzentrale erfolgen.
2: Der Kontakt mit dem behandelnden Arzt vor Ort ist zwingend notwendig, um die medizinischen Abklärungen einzuleiten.
3: Die Rückreise/Repatriierung wird anhand der medizinischen Abklärungen organisiert.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, wenn ein spezieller Rücktransport nicht in Frage kommt?
Bei Unterversorgung wird Verlegung in ein für die Behandlung besser ausgestattetes Spital durchgeführt. Generell werden die Rücktransporte immer durchgeführt, sofern der Patient verlegungsfähig ist.
Wie bereite ich mich optimal auf eine Reise vor?
Das ist eine gute Frage… Wir sehen einen Trend, dass sich der Kunde zuwenig bis gar nicht vorbereitet. Es wird gebucht ohne sich zu informieren. Sei dies über die Sitten und Gebräuche oder Gesundheitsthemen des Ziellandes. Viele stellen erst vor Ort fest, dass man eine bestimmte Impfung hätte machen sollen oder das Klima feucht und heiss ist. Bei Gesundheitsthemen kann es dann schnell auch in einen medizinischen Fall ausarten. Darum: die optimalste Vorbereitung ist die Auseinandersetzung mit der Destination inklusive Gesundheits-, Impf- und Versicherungscheck.
Andy Keller ist Managing Director bei der Reiseversicherung Helvetic Assistance