Sylt: Grosses Herz – weiter Horizont

Sylt: Grosses Herz – weiter Horizont

Es gibt viele Vorurteile über Sylt. Wer die nordfriesische Insel im Norden Deutschlands besucht, lernt aber schnell, diese über Bord zu werfen. Zwischen Weststrand und Wattenmeer wartet stattdessen eine Schatzinsel voll kleiner und grosser Wunder.

Typische Häuser auf Sylt.
Typische Häuser auf Sylt.

Zeitreise zu Entstehung und Geschichte der Insel Sylt

Nordfriesische Männer fuhren jahrhundertelang zur See, um ihre Familien zu ernähren. Auch auf der Nordseeinsel Sylt galt die Jagd auf Wale als ertragreiches Unterfangen. Im Jahr 1782 wurden über 150 Schiffe von Sylter Kapitänen befehligt – bei einer Einwohnerzahl von gerade mal 1´800 Menschen. Bevor sie hoch zum Eismeer schipperten, verabschiedeten sich nordfriesische Kapitäne mit dem Leitspruch: „Rüm hart – klaar kiming“. Übersetzt bedeutet das „Grosses Herz – weiter Horizont“. Jene vier Worte standen nicht nur für die Hoffnung auf eine sichere Seereise, sondern auch für die Weltoffenheit der Sylter.

Wer heute im Inselosten durch das Kapitänsdorf Keitum schlendert, macht eine Zeitreise. Riesige Unterkieferknochen eines Finnwals markieren das Eingangstor zum „Sylt Museum„, das auch als Heimatmuseum bekannt ist. Es wurde im Jahr 1759 erbaut und befindet sich in einem Kapitänshaus oberhalb des Grünes Kliffes in Keitum. Hier dreht sich alles um die Entstehung und Geschichte der Insel bis in die Zeit der Seefahrt im 17. und 18. Jahrhundert. Von hier dauert es nur wenige Gehminuten zum „Altfriesischen Haus„. Es entstand 1739 und ist eines der wenigen Kapitänshäuser, das von innen besichtigt werden kann.

Altfriesisches Haus auf Sylt.
Altfriesisches Haus auf Sylt.

Das Wunder Wattenmeer in Sylt

Steht man am Grünen Kliff in Keitum, bekommt man ungefähr eine Ahnung davon, welches Wunder Sylt umgibt. Der Blick fällt auf weite Wattflächen, Schlick und Sand, die bis zum Horizont reichen. Alle sechs Stunden ändert sich die Tide. Als erste deutsche Naturlandschaft wurde das Wattenmeer mit seiner über 9´500 Quadratkilometer grossen Fläche im Jahr 2009 Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Im Urlaub auf Sylt ist eine Wattwanderung ein einzigartiges Erlebnis.

Wattlandschaft mit Schafen auf Sylt.
Wattlandschaft mit Schafen auf Sylt.

Am Grünen Kliff führt ein sieben Kilometer langer Wanderweg von Keitum bis Kampen. Etwa in der Mitte liegt der Ort Munkmarsch direkt am Wattenmeer. Einst kamen Feriengäste hier per Schiff an und bestiegen die Inselbahn, um die anderen Orte der Insel zu erreichen. Deshalb baute im Jahr 1868 der Postschiffer Thomas Selmer das erste Fährhaus auf Sylt. Das schlichte Holzhaus diente als Hafengaststätte. Heute kann man hier übernachten: Das 5-Sterne-Hotel „Altes Fährhaus“ ist ein Hideaway mit 44 Zimmern, zwei Restaurants und einem exklusiven Spa. Erhalten ist das viktorianische Haupthaus aus dem Jahr 1880.

Strönwai: Die Whiskymeile auf Sylt

In Kampen angekommen befindet man sich in jenem Ort auf Sylt, der die grössten Klischees bedient. Denn der 5´000-Einwohner-Ort gilt als besonders exklusiv und exaltiert. Nirgendwo in Deutschland seien die Immobilienpreise höher – und nirgendwo gibt es im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr Luxusläden und teure Lokale. Besonders bekannt ist der Strönwai, der auch als Whiskymeile bezeichnet wird.

Ja, hier wird gefeiert, aber das ist nur eine Seite von Kampen. Denn es braucht nur wenige Schritte, um Champagnerbars gegen Naturwunder zu tauschen. Am Ende des Strönwai steht man in einer Dünenlandschaft und entdeckt in der Ferne den höchsten Punkt der Insel: Die Uwe-Düne auf 52,5 Meter Höhe. Über 109 Stufen geht es nach oben. Von hier hat man einen Weitblick über die Insel: Zum Weststrand genauso wie zum Wattenmeer. Dann spürt man die Ausmasse von Sylt. Die Insel dehnt sich von Norden nach Süden auf 38 Kilometern aus, an ihrer breitesten Stelle misst sie 12,6 Kilometer, an ihrer schmälsten 320 Meter. 

Strandkorb-Idylle auf Sylt.
Strandkorb-Idylle auf Sylt.

Nördlichster Punkt Deutschlands

Obwohl die Insel klein ist, gibt es rund 200 Kilometer Fahrradwege. Da wundert es nicht, dass viele Gäste auf zwei Rädern unterwegs sind. Der beliebteste Radweg führt von der Inselhauptstadt Westerland in den Norden nach List. Erst parallel zum Weststrand, dann durch die Dünen und entlang der Trasse der alten Sylter Inselbahn, die zwischen 1888 und 1970 die Inselorte miteinander verbunden hat, in die Naturschutzgebiete, bis zu den Wanderdünen. Die Sandberge sind stets in Bewegung: Bis zu vier Meter pro Jahr wandern sie nach Osten!

Bei List liegt der nördlichste Punkt Deutschlands und die schmalste Stelle der Insel. Hier reicht eine Landzunge weit in die Nordsee. Wegen ihrer Form heisst diese Landzunge Ellenbogen. Das Gebiet bezaubert mit Heidelandschaft, Wildvögeln und Schafen und befindet sich in Privatbesitz zweier Familien. Daher zahlt man Maut, wenn man über die Privatstrasse an den Ellenbogen fährt.

Schafe auf Sylt, wohin das Auge reicht.

Austern und Fischbrötchen

In List führt kein Weg vorbei am Hafen. Hier starten die Ausflugsschifffahrten der Adler-Schiffe ins Wattenmeer und die Syltfähre, die zur dänischen Insel Rømø schippert – und hier isst man die berühmte „Sylter Royal„. Diese Austernart wird nur in List im Wattenmeer gezüchtet. Hier gibt es die perfekten klimatischen Bedingungen für die Austernzucht. Wer will, macht eine Austern-Bootsfahrt und taucht wortwörtlich ein in die Geschichte der ehemaligen Austernfischerei bis zur heutigen Zucht der „Sylter Royal“. Und natürlich darf ein Stopp bei „Gosch“ nicht fehlen. Das Fischbrötchen-Imperium der Insel wurde 1972 vom Insulaner Jürgen Gosch gegründet.

Eine Legende ist die „Sansibar„, die zwischen Rantum und Hörnum liegt. In den 1970er-Jahren vom schwäbischen Koch Herbert Seckler gegründet, entwickelte sich die Bretterbude im Laufe der Jahrzehnte zum Kult-Restaurant. Die geschmackliche Bandbreite ist gross und reicht von Currywurst bis zu Kaviar.

Genuss in der Sansibar.
Genuss in der Sansibar.

Sensationell ist der Weinkeller in den Gewölben unter dem Lokal. Mehr als 3´000 Flaschen und 1´900 Sorten lagern hier, weitere 63´000 Flaschen hortet Herbert Seckler in einem geheimen Lager. Seine teuerste Flasche kostet 20´000 Euro! Besonders schön ist es zum Sonnenuntergang, wenn die Sonne über dem Weststrand im Meer zu versinken scheint. Dann spürt man das Motto der nordfriesischen Kapitäne hautnah: „Rüm hart – klaar kiming“.

Sonnenuntergang auf Sylt.
Sonnenuntergang auf Sylt.

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