Acadia – Amerikas unbekannter Ostküsten-Nationalpark
Schroffe Küsten, Granitfelsen, und ein farbenprächtiger Indian Summer. Dazu von Blaubeeren gesäumte Wanderwege, Kajaken bei Sonnenuntergang und zum Schluss Schlemmereien direkt aus dem Meer. Zu finden: im Acadia Nationalpark in Maine (USA).
Die USA und Nationalparks – da kommen einem unweigerlich Bilder von tiefen Canyons oder spektakulären roten Felsformationen aus dem Westen in den Sinn. Dass es aber auch im Osten des Landes einen wildromantischen Nationalpark gibt, ist in unseren Breitgraden kaum bekannt. Zu Unrecht wie ich finde. Denn Acadia ist eine meiner absoluten Lieblingsecken in Neuengland.
Good Morning America
Der Tag beginnt im Acadia-Nationalpark dort, wo die ersten Sonnenstrahlen auf das amerikanische Festland treffen; Auf dem Gipfel des Mount Cadillac – mit 466 Metern über Meer dem höchsten Punkt weit und breit. Den Sonnenaufgang hier zu erleben, gehört quasi zum Pflichtprogramm. Entsprechend gut besetzt sind die Parkplätze frühmorgens.
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – oder in diesem Fall, die Parkaufseher. Schonungslos schicken sie Wildparkierer noch vor einsetzender Dämmerung auf den Rückweg. Wer kein Risiko eingehen will, kann den Berg auch zu Fuss erklimmen. Alleine ist man bei diesem besinnlichen Erlebnis so oder so nicht – lohnenswert ist es trotzdem.
Granitfelsen, einst von Gletschern abgeschliffen, bilden die Sitzunterlage für das sich anbahnende Farbenspektakel. Angekündigt von einem orange-pinken Streifen am Horizont, geben die ersten Sonnenstrahlen den Blick auf das funkelnden Meer, kleine Inselketten und dann und wann auch die Silhouette eines mächtigen Kreuzfahrtschiffes frei. Begleitet vom «Wow»-Gemurmel anderer Besucher und dem Geräusch klickender Kameras schaut man der Küste Maines beim Erwachen zu.
43 Kilometer schroffe Schönheit
Die frühe Tagwacht lohnt sich in doppelter Hinsicht; schon frühmorgens geht es so auf Erkundungstour durch den vielseitigen Park. Dieser ist anhand der 43 Kilometer langen Park Loop Road so erschlossen, dass er in typisch amerikanischer Manier mit dem Auto erkundet werden kann. Ausgangspunkt ist das dabei das Hulls Cove Visitor Center. Wer will, lässt hier sein eigenes Fahrzeug zurück und steigt stattdessen in eines der Parkshuttles.
Das Meer fast immer im Blickfeld, verbindet die grössten Teils als Einbahnstrasse ausgelegte Route Seen und Berge, Wälder und die mehrheitlich felsigen Küstenabschnitte. Eine Ausnahme bildet der «Sand Beach», im Osten der Halbinsel gelegen. Der einzige Sandstrand im Park zieht den Besucher sofort in seinen Bann. Umrahmt von schroffen Felsen und grünen Tannen lädt er zum Verweilen ein.
Der Sprung ins Wasser ist jedoch nichts für zarte Gemüter; die Temperatur erwärmt sich auch in den Sommermonaten auf kaum mehr als 13 Grad. Fun Fact: Wer den Film «Gottes Werk und Teufels Beitrag» gesehen hat, wird den Sand Beach als jenen Ort erkennen, an dem Homer Wells zum ersten Mal das Meer sieht.
Nur wenige Kilometer entfernt wartet mit dem «Thunder Hole» ein nächstes Park-Highlight. Hier demonstriert der Atlantik besonders eindrucksvoll seine Macht. Explosionsartig und unter lautem Getöse schiesst das Wasser aus einem Felsspalt bis zu zehn Meter in die Höhe.
Mit dem Indian Summer auf Tuchfühlung
Wer dem Asphalt und den üppig besuchten Sehenswürdigkeiten den Rücken kehren möchte, kann dies auf einem Netzwerk von mehr als 200 Kilometer Wanderwegen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade tun. Speziell zur Herbstzeit lohnt sich das Abtauchen in die farbigen Wälder ungemein. Wer die Plateaus erklimmt, wird mit wunderbaren Aussichten über bewaldete Hügel, Seen und den Atlantik belohnt. Im Juli und August säumen reife Heidelbeeren die Wege – und warten nur darauf, verzehrt zu werden.
Schlafen & Schlemmen in Bar Harbor
Der pittoreske Küstenort Bar Harbor bildet die perfekte Basis für einen Acadia-Besuch.
Wer nicht auf einem der beiden Camping-Plätze im Park das Zelt aufschlagen mag, findet hier Unterkünfte vom Budget-Motel bis zum schicken Inn – und jede Menge Auswahl an Restaurants. Im Zentrum steht dabei all das, was gleich vor Ort aus dem Meer gezogen wird; von der Auster über die Krabbe bis zum für Maine ikonischen Hummer findet der Meeresfrüchteliebhaber alles, was das Herz begehrt.
Zum Nachtisch gibt es gigantische Ice Cream Portionen oder die für Neuengland typischen «Salt Water Taffy» – salzig-süsse Bonbons in Caramel-Konsistenz.