So wird es Weiss auf unseren Pisten: Interview mit Patrizio Laudonia von TechnoAlpin

So wird es Weiss auf unseren Pisten: Interview mit Patrizio Laudonia von TechnoAlpin

Travelista Stephanie Günzler hat vor kurzem Patrizio Laudonia, den Niederlassungsleiter der Firma TechnoAlpin Schweiz, zum Interview getroffen und sich über die Möglichkeiten energieeffizienter Beschneiungsanlagen ausgetauscht. Das spannende Interview könnt Ihr heute hier nachlesen.

Schneekanone_Propeller
Für eine grossflächige Beschneiung: Schneekanone mit Propeller ©TechnoAlpin
Patrizio Laudonia
Patrizio Laudonia ©TechnoAlpin

Herr Laudonia, wie würden Sie den Winter 2023/24 aus Beschneier-Sicht beschreiben?

Die Schneefenster – also die Zeiten, in denen es geschneit hat – haben dieses Jahr früh angefangen und waren auch länger als im Durchschnitt. Die Bergbahnen konnten den Schnee darum sehr gut zum Einschneien nutzen. Der Wärmeeinbruch vor Weihnachten brachte jedoch auch viel Regen. Glücklicherweise war die Pistenqualität durch den natürlichen Schneefall und den bereits produzierten, technischen Schnee immer noch gut. Anfang des Jahres konnten die kalten Temperaturen nochmals zum Nachschneien benutzt werden. Viele Anlagen unterhalb von 2500 Meter waren nochmals voll im Einsatz, um die Pistenqualität für die Sportferien sicherzustellen.

Schneekanone mit Propeller
Auf dem Weg zum Boden gefriert das Wasser zu Kristallen – wenn es kalt genug ist. ©TechnoAlpin

Welche Voraussetzungen braucht man zum Beschneien?

Eigentlich braucht man nur Wasser und Luft. Wasser kristallisiert allerdings bekanntlich erst bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und erst dann können wir technischen Schnee erzeugen. Niederschlag benötigen wir nicht. Mit einer Beschneiungsanlage kann man bei entsprechenden Temperaturvoraussetzungen in wenigen Tagen ein Skigebiet voll beschneien.

Man sieht in den Skigebieten oft zwei Arten von „Schnee-Erzeugern“: Dicke Propellermaschinen und schlanke Lanzen. Was ist der Unterschied?

Wichtig ist es, am richtigen Ort den richtigen Schneeerzeuger einzusetzen. Es kommt auf die Pistenfläche an. Ist es bewaldetes Pistengebiet und eher schmal? Oder eine freie, grosse Fläche? Lanzen sind eher für schmale Abschnitte geeignet, da sie den Schnee nicht so weit verteilen. Auch der Windeinfall spielt eine grosse Rolle.

Wie muss man sich die Technik hinter den Beschneiungsanlagen vorstellen? Was gehört alles dazu, was man nicht sieht?

Die Schneeerzeuger sind der sichtbare Teil einer Beschneiungsanlage. Im Boden befindet sich die Infrastruktur. Dazu gehören Wasser- und Luftleitungen, die Stromversorgung und die Datenkommunikation. Die Infrastruktur der Wasserversorgung kommt aus einem Pumpwerk und wird unterirdisch von Schneeschacht zu Schneeschacht geführt. Die Pumpen in den Pumpstationen bringen die gewünschten Wassermengen mit dem richtigen Wasserdruck zu den Schneeerzeugern.

Pumpstation unter der Erde in Andermatt
Das ist der unsichtbare Teil der Beschneiung: Pumpstation in Andermatt © Travelistas
Pumpstation unter der Erde in Andermatt 2
Die Pumpstation in Andermatt braucht gar nicht so viel Platz. © Travelistas

Gab es in den vergangenen Jahren Innovationen, die das Beschneien günstiger oder energieeffizienter gemacht haben?

Eine unserer Hauptaufgaben ist die Weiterentwicklung der Schneeproduktion. Das betrifft die Energieeffizienz der Schneeerzeuger und Pumpstationen, aber auch die Software bei Planung und Produktion. Schneeerzeuger brauchen heute viel weniger Energie und Luft als vor 20 Jahren. Wir sprechen von einer Ersparnis von rund 30% an Energiekosten. Heute wird nur so viel Schnee produziert wie nötig, und nicht mehr. Auch werden Beschneiungsanlagen mehrfach genutzt, beispielsweise für die Erzeugung von Strom, für Bewässerung im Sommer, für Löschwasser, usw.

All das wird über eine speziell entwickelte Steuerungssoftware veranlasst. Heute fliesst in diese Software eine eigene Wettervorhersage ein, damit der ideale Beschneiungszeitpunkt ressourcenschonend geplant und überwacht werden kann. Das Wasser dafür wird zum Teil in Speicherseen gelagert.

Patrizio Laudonia und Martin Hofer TechnoAlpin
Patrizio Laudonia und Martin Hofer von TechnoAlpin begutachten die Anlage © Travelistas

Wie sehen Sie die Zukunft der Schweizer Skigebiete unter dem Aspekt, dass die Winter immer wärmer und kürzer werden?

Hierzu kann ich gerne den Experten Günter Aigner zitieren, der in seinen Videos umfassende und praxisnahe Antworten zu dieser Frage liefert: Günther Aigner – ZUKUNFT SKIFAHREN – YouTube.

Sicher ist: Ohne Beschneiungsanlage ist heute kein Skigebiet mehr wirtschaftlich zu führen, da optimale Pistenverhältnisse über die gesamte Saison hinweg (ca. 100 Tage) gewährleistet werden müssen. Die Bergbahnen sind im Wintertourismus im Alpenraum der massgebliche Umsatzbringer und Wertschöpfungsfaktor, an dem grosse volkswirtschaftliche Einkommen hängen. Hier zählt also jeder Skitag. Der Tourismus ist überlebenswichtig für die meist strukturschwachen alpinen Täler, die sonst von massiver Abwanderung bedroht wären. Mit einer Beschneiungsanlage können Skigebiete die Planungssicherheit erhöhen und die Skisaison verlängern.

Beschneiung per App
Die Beschneiung lässt sich auch per App steuern © TechnoAlpin

Herr Laudonia, vielen Dank für das interessante Interview.

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